Internetbasierende Beschaffung im Mittelstand
MODERNER EINKAUF MIT INTERNETBASIERENDER BESCHAFFUNG IM MITTELSTAND
GERADE IN WIRTSCHAFTLICH SCHWIERIGEN ZEITEN WERDEN KOSTEN HINTERFRAGT UND DER BEDARF JEDER BESCHAFFUNG GENAU GEPRÜFT. EINGEBROCHENE UMSÄTZE ZWINGEN DIE UNTERNEHMEN ZU KOSTENSENKUNG UND PROZESSOPTIMIERUNG. HIER ERÖFFNET DAS INTERNET NEUE WEGE:
Mit einer ausgewogenen Reorganisation und der Einführung eines modernen Einkaufssystems kann der Gewinnbeitrag des Einkaufs am Unternehmenserfolg deutlich gesteigert werden.
Im klassischen Einkauf betreuen die Mitarbeiter den kompletten Beschaffungsprozess, von der Analyse der potenziellen Lieferanten über die Bestellung bis zur Rechnungsfreigabe. Dadurch erzeugen Einkäufer unverschuldet enorme Beschaffungs- und Prozesskosten. Ein erster Optimierungsschritt wäre hier, das Potenzial der Reorganisation zu nutzen, um bei gleich bleibendem Ressourceneinsatz ein sehr viel besseres Einkaufsergebnis zu erzielen.
Spezielle Online-Beschaffungsportale können von der IT-Seite Optimierungspotenzial beitragen. So kann etwa im Internet nach neuen Lieferanten gesucht werden. Die Recherche führt in aller Regel dazu, dass zu den bisherigen Lieferpartnern auch überregionale Anbieter als Alternativen ins Auge gefasst werden.
Die Tätigkeit des Einkaufs unterteilt sich zukünftig immer mehr in einen strategischen und einen operativen Teil der Beschaffung. Im strategischen Teil definiert der Einkäufer die Ziele und verhandelt die Konditionen; dieser Teil endet also bereits einige Schritte vor der eigentlichen Bestellung. Wenn jedoch ein Einkäufer für die Abschrift einer internen Bedarfsanforderung zu einem fest verhandelten Artikel eine Bestellung anlegt, ist er nicht mehr nur Dienstleister der Fachabteilung, sondern zusätzlich deren „Schreibmaschine“ – eine rein operative Tätigkeit. Besser wäre es, wenn die anfordernden Fachabteilungen die Möglichkeit haben, bestimmte Bestellungen ohne Zuhilfenahme des Einkaufs anzulegen. Diese Anforderung kann durch ein Beschaffungsportal erfüllt werden.
Drei Modelle für Beschaffungsportale
Wie kann ein solches Beschaffungsportal konkret aussehen? Soll das Unternehmen das Portal selbst betreiben? Gibt es Mitarbeiter, die die Rolle des strategischen Einkäufers besetzen können, oder holt man sich externe Unterstützung ins Unternehmen? Bei der Prüfung, ob ein unternehmenseigenes Beschaffungsportal eingeführt werden soll, helfen Berater und Softwareanbieter. Das Unternehmen sollte im Vorfeld der Auswahl jedoch zunächst die gewünschte Verwendung und den zu erwartenden Umfang abklären. Alternativ bieten auch externe Dienstleister die Organisation des B2B-Geschäfts zwischen Besteller und Lieferant an. Deren Portale beschränken sich in der Regel auf standardisierbare, exakt beschriebene Produkte und erfüllen somit eher die Funktion eines Marktplatzes.
Als eine weitere Alternative sollte die gemeinschaftlich über Unternehmensgrenzen hinweg genutzte Beschaffungsplattform genannt werden. Hier organisieren rechtlich selbständige Unternehmen im gegenseitigen Einvernehmen einen „Lead Buyer-Einkauf“, durch den eine Steigerung der Beschaffungskompetenz in ausgesuchten Produktgruppen, eine ganzheitliche Volumenbündelung und wenn möglich auch eine Sortimentsstraffung erreicht werden soll.
Potenziale erschließen, Synergien nutzen
Die letzte beschriebene Alternative eines freien Einkaufszusammenschlusses wird derzeit noch selten praktiziert. Auf Einkaufsseiten ist ein wesentlicher Hemmpunkt sicherlich die mangelnde Offenheit und das Fehlen einer Leitfigur, die den Einkaufsverbund organisiert und umsetzt. Dachorganisationen, Berufsverbände oder auch Kammern könnten hier wegbegleitend agieren. Abschließend bleibt festzustellen, dass gerade durch die Möglichkeiten des Internets und des standortübergreifenden Informationsaustausches Potenziale erschlossen und Synergien erzeugt werden können, die einen Einkauf zu besseren Konditionen bei gesunkenen Prozesskosten ermöglichen. Diese Möglichkeiten des modernen Einkaufs sind aber nur dann realisierbar, wenn man über Unternehmensgrenzen hinweg bereit ist, Ressourcen gemeinsam zu steuern und zum wohl der beteiligten Unternehmen zu optimieren.
Joachim Braun, Geschäftsführer jb-x business solutions GmbH
(veröffentlicht in „Niederbayerische Wirtschaft Januar 2010“)